Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie ist ja zum Jahresbeginn hochgegangen. Aber das ist noch lange nicht die einzige Zumutung für Gastronomen.
Ein bisschen irre wird es, wenn man mal auf die Kriterien für den ermäßigten oder vollen Steuersatz schaut. Und richtig verrückt mit Blick auf manchen Effekt, beispielsweise auf Umweltfragen. Meint es nämlich beispielsweise ein Imbissbudenbetreiber besonders gut mit seinen Kunden und serviert Currywurst, Pommes oder Pizza auf Porzellan, statt auf Pappe oder Plastik, dann ist das nicht nur stilvoller, sondern natürlich auch wesentlich umweltfreundlicher.
Steuerlich kann einem solchen Imbissbudenbetreiber aber passieren, dass ein Betriebsprüfer des Finanzamtes mitteilt „Teller und Besteck müssen raus.“ Oder ihn vor die Alternative stellt, statt 7 Prozent nun 19 Prozent Umsatzsteuer auf seine Gerichte an das Finanzamt zu zahlen – rückwirkend.
Strafzahlung auf Porzellan
Diese rückwirkenden Steuerzahlungen tun Unternehmen nach einer Betriebsprüfung richtig weh. Und ich vermute, nicht nur deshalb würde der ein oder andere nochmal nachrechnen und dann auch seine Frikadellen wohl wieder auf Plastik servieren. So einen Fall hat es vor einigen Jahren tatsächlich mal in Paderborn gegeben. Dem Imbissbetreiber drohte wegen seiner Porzellanteller eine Steuernachzahlung in Höhe von mehreren Tausend Euro.
Eine Strafsteuer auf Porzellan ist das natürlich nicht, aber es wirkt schon so.
Und das auch immer noch. Das deutsche Mehrwertsteuersystem bestraft nur Porzellanteller in Imbissbuden, und ganz grundsätzlich auch das gewisse Mehr an Service und Komfort für die Kunden, zumindest bei Imbissbuden. Denn wie viel Steuer Sie als Imbiss-Betreiber zahlen, richtet sich danach.
Was ist eine Dienstleistung?
Wäre der Steuersatz für alle Gastwirte weiter bei den krisenbedingt vergünstigten sieben Prozent geblieben – auch das Porzellanproblem wäre damit gelöst gewesen. „Wäre wäre Fahrradkette“, wie Lothar Matthäus sagen würde. Es gäbe auch einige andere unterhaltsame oder auch befremdliche Probleme dann nicht mehr.
Vielleicht erinnern Sie sich ja noch an die gerichtlichen Auseinandersetzungen bis vor den Europäischen Gerichtshof rund um Currywurst, Pizza und Pommes. Fazit damals: Nur das warme Essen aus der Bude herausreichen, ist noch keine Dienstleistung, wie im März 2011 der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Blick auf das Essen am Imbissstand eines Partyservice (Az. C-502/09) urteilte. Nach Ansicht der Europarichter ist es zumindest dann keine Dienstleistung, wenn sich der Anbieter nur auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt und das Essen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden vornimmt, sondern mit Blick auf die “allgemein vorhersehbare Nachfrage”.
Logik im Fall des Porzellans: Der Budenbesitzer muss das Geschirr spülen, also ist es eine Dienstleistung und kostet den vollen Umsatzsteuersatz.
Sind Bretter Möbel?
Wer eine Imbissbude betreibt, für den geht es aber mit Blick auf die Mehrwertsteuer bei weitem nicht nur um Dienstleistung oder nicht Dienstleistung, sondern auch ums Mobiliar. Gehen wir es mal durch: Reicht ein Budenbetreiber seinen Kunden nur das Essen über den Tresen und überlässt es ihnen, sein Gericht nachhause zu tragen oder es im Gehen zu verzehren, zahlt das Unternehmen nur den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Stellt er seinen Gästen dagegen auch noch Tische und Stühle hin, muss er 19 Prozent an das Finanzamt überweisen.
Denn auch das Hinstellen und Sauberhalten von „Verzehrvorrichtungen“ wie Tischen und Stühlen ist eine Dienstleistung. Beides hat vor ein paar Jahren der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden – mit Blick auf Currywurst und Pizza (AZ: V R 35/08 und V R 18/10).
Wer allerdings nur Bretter zum Abstellen der Plastikteller rund um seine Bude festnagelt, der zahlt wiederum nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Obwohl er Bretter wie Tische irgendwann vermutlich gleichermaßen auch mal feucht wird wischen müssen.
Rein menschlich ein nicht zu verstehender Wahnsinn. Den auch offensichtlich keine der Regierungen ändern will. Denn man gab sich zwar schon öfter einsichtig, auch vor über 10 Jahren damals.
Dennoch sind die Dinge nach wie vor so, wie sie sind. Oder besser gesagt: wieder.
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